13 Gedaechtnislabyrinth Liter

Labyrinth und narrative Auflösung:

literarische Modellierungen des Solovki-Gedächtnisses

Auf diesem Plakat sind in Form eines Labyrinthes Auszüge aus verschiedenen literarischen Texten (ab den späten 1980er Jahren) zu sehen, die sich mit dem Ort Solovki epochenübergreifend und nicht zuletzt auch figurativ auseinandersetzen. Hier wird die Vielfalt der literarischen Deutungen dieses für die Geschichte Russlands so wichtigen Ortes erkennbar, sowie die Versuche der Autoren, verschiedene historische Epochen narrativ in einen symbolischen Zusammenhang zu bringen. So werden die Solovki für Jurij Brodskij (Die Solowezker Paradoxe, 2002) zum Symbol der Konfrontation zwischen Gut und Böse. In den Romanen Aviator von Evgenij Vodolazkin (2016) und Kloster [russ. “Obitel’”] von Zakhar Prilepin (2015), die auch für die Renaissance des historischen Romans in der russischen Gegenwartsliteratur stehen, werden die Solovki mit einer neuen, “hybriden” Symbolik aufgeladen, die auf die Integration von verschiedenen mit diesem Ort verbundenen Narrativen abzielt. Der russophile polnische Journaliste Mariusz Wilk hat mit den russischen Autoren Prilepin und Vodolazkin, aber auch Brodskij gemein, dass es allen zugleich um eine nationale Deutung geht und darum, Solovki auch als Metonymie der conditio humana schlechthin zu verstehen, als liminalen Ort, der eine kulturelle und anthropologische Grenzsituation an sich symbolisiert. Mit dem Satz “Auf Solovki sieht man Rußland, wie man das Meer in einem Wassertropfen sieht.“ bringt Wilk einen Gedanken auf den Punkt, der sich genauso auch bei den russischen Autoren findet.