Im Gedächtnisstreit

Über die Schwierigkeit dem Lauf der Geschichte auf den Solovki zu folgen.

Dieses Plakat stellt eine Art visualisiertes “Feldtagebuch” dar, bei dem es auf die Synthese aus der textuellen und der visuellen Dokumentation der subjektiven Eindrücke der Feldforschenden ankommt. Die Beschreibungstexte in verschiedenen Zweigen des Gedankenlabyrinths halten die Stimmung in einer Momentaufnahme fest und vermitteln wichtige Zutsatzinformationen zu dem Gesehenen und Erfahrenen. Nicht zuletzt wird durch die Form des Labyrinths auch die persönliche – gedankliche und topographische – Verwirrung zum Ausdruck gebracht. Vieles, was wir auf den Solovki gesehen haben, sperrte sich einer eindeutigen Einordnung in vorgegebene Muster oder Kategorien. So traf das vom wertenden Auge der Historiker:in bereits vorgegebene Geschichtsnarrativ mancherorts auf private “Auslegungen” der Geschichte, Sakrales und Profanes überschnitten sich ebenso wie Vergangenes und Gegenwärtiges, Sichtbares und Unsichtbares, Politisches und Persönliches.

Obwohl das Plakat keine strenge chronologische Ordnung befolgt, kann es von links oben nach rechts unten gelesen werden: diese Diagonale kann stellvertretend für den Verlauf der Reise von der Ankunft bis zur Abfahrt von der Hauptinsel gelesen werden. In der Diagonale von rechts oben nach links unten sind Einträge mit Hintergrundinformationen zu verschiedenen Stationen zu finden, wie z.B.: dem Sekirnaja-Berg, wo sich in der Lagerzeit die berüchtigte Karzerzelle befand, dem Klosterterritorium, der “Allee des Gedenkens” mit dem “Solowezker Gedenkstein”, einem von insgesamt vier von der Organisation “Memorial” seit 1989 aufgestellten Gedenksteinen: auf den Solovki (1989), in Moskau (1990), in Archangel’sk (1992) und in Sankt Petersburg (2002), und dem Algenshop, der auf die langen Geschichte der Algenverarbeitung auf den Solovki, die kontinuierlich seit dem frühen 20. Jahrhundert, über die Jahre des SLON und bis heute praktiziert wurde und wird.