14 Gedaechtnisstreit

Gedächtnisstreit Solovki

Wem gehört die Geschichte?

Dieses Plakat bereitet einen auf den Ergebnissen der Feldforschung basierenden Essay visuell auf.

Der Essay entstand zum einen aus den vor Ort durchgeführten Interviews mit den Mitarbeitern des Museums- und-Naturschutzgebietes der Solovki, und zum anderen aus den nach der Rückkehr durchgeführten Recherchen in den Weiten des russischen Internets. Vor allem wurden dabei die Tagespresse und Zeitschriftenartikel aus verschiedenen Jahren ausgewertet. Ziel war es, die verschiedenen Akteure der Gedächtnispolitik auf den Solovki ausfindig zu machen, ihre Positionen sowie ihr Verhältnis zueinander und die Gewichtung ihrer Stimmen in den Debatten auf der kommunalen Ebene herauszufinden, das heißt, im Zusammenhang mit der Aufstellung von Denkmälern, der Durchführung von Gedenktagen, sowie ihre wissenschaftliche und öffentliche Arbeit vor Ort betreffend.

Da viele der mündlich überlieferten und im Internet gefundenen Informationen nicht überprüft werden konnten, versucht der Essay eine möglichst unvoreingenommene Perspektive einzunehmen, die streitenden Parteien neutral darzustellen und auf die Kommunikationsschwierigkeiten hinzuweisen, die allen streitenden Akteuren die Arbeit schwer machen. Das Ergebnis zeigt, dass alle Akteure, jeder für sich den Anspruch erheben, die richtige Auslegung der Geschichte zu vertreten und folglich die Autorität in der Gedächtnis- und Kommunalpolitik für sich allein zu behaupten, ohne mit anderen Interessenten und Experten in einen Dialog zu treten. Diesbezüglich kommt es zu interessanten Dopplungen: es werden Gedenktage an die Opfer des GULags sowohl von der Seite der Memorial-Anhänger, als auch von den Mitarbeitern des Museums und der Klostergemeinschaft durchgeführt, aber zu verschiedenen Zeitpunkten; auch Ausgrabungen von Erdschichten aus der Lager-Periode werden von beiden Seiten durchgeführt, doch jeweils nach eigenen “Methoden” und Regeln; verschiedene Exkursionsgruppen werden je nach Interessenschwerpunkt – und da sind die Unterschiede bei Pilgertouristen, Ökotouristen und den für die Lagergeschichte interessierten Besucher*innen recht groß – nicht nur an verschiedenen Orten und “Sehenswürdigkeiten” entlang geführt, sondern bekommen auch stets etwas Anderes zu hören.

 

Weiterführend:

Schkurenok, N.: “Solovki – neprožitoe Prošloe“ In: Novaya Gazeta, Nr. 89 vom 19.08.2015
Rasumov, A.: „Skorbnyj Put’. Soloveckije Ėtapy 1937-1938“ Quelle: Beloedelo.ru vom 20.05.2014
Bykovski, S.: „Zdes‘ byl SLON“ Quelle: Miloserdie.ru vom 11.10.2006
Chraniteli Nasledija, „Solovki: kogo i začem my hotim obmanut‘“ Quelle: Chraniteli-Nasledia.com. vom 24.12.2015
Chraniteli Nasledija, „Soloveckij prigovor“ Quelle: Chraniteli-Nasledia.com vom 20.07.2016