Das Projekt.

Ein Forschungsprojekt von Studierenden am Institut für Slawistik der Humboldt Universität zu Berlin

solovki.de ist Teil des Projekts „Gedächtnislabyrinth Solovki: Indizien, Spuren, Stimmen“ des Fachgebiets für Ostslawische Literaturen und Kulturen am Institut für Slawistik der Humboldt-Universität zu Berlin, das Lehre, Studium und Forschung miteinander verbindet.

Das Projekt nahm seinen Anfang im Sommersemester 2016 im Rahmen eines Seminars zur Sowjetkultur und ihrem Gedächtnis und einer Studienreise auf die Inselgruppe Solovki, an der alle am aktuellen Projekt Beteiligten teilgenommen haben. Ziel der Studienreise war die Inspektion der Gestaltung und Inszenierung des Ortes, wo seit dem 15. Jahrhundert eines der wichtigsten Klöster Russlands steht und im frühen 20. Jahrhundert das Modell des stalinistischen Straflagers erprobt wurde: ein Erinnerungsort, als der es heute nicht auf nationaler Ebene, sondern durch seinen Status als Unesco Weltkulturerbe (seit 1992) auch auf internationaler Ebene ist.

Dank einschlägiger Lektüre und Diskussion der vorhandenen (Forschungs-)Literatur war die Ortsbegehung analytisch gut vorbereitet. Weiterhin ergaben sich im Laufe der zehntägigen Reise, wobei vier der Tage Hin- und Rückreise waren, viele fruchtbare Knotenpunkte, von denen aus das breit angelegte Projekt Struktur annahm und sich verzweigte.

Das Konzept zu dieser Ausstellung entwickelte sich im Anschluss an die Studienfahrt. Es entstanden Unterprojekte mit unterschiedlichen Arbeits- und Herangehensweisen. Innerhalb der zur Verfügung stehenden knappen Woche wurden nicht nur alle musealen und monumentalen Einrichtungen und die topographische Modellierung gesichtet, sondern auch verschiedene, oftmals konfliktuöse Perspektiven auf die Problematik der Präsentation und des dokumentierenden Umgangs mit dem hochkomplexen und kontrastreichen Gedächtnis dieses Ortes – zwischen Heiligtum und Lager – ausfindig gemacht. Es wurden Gespräche mit Akteuren der Gedächtnispolitik  – MuseologInnen, HistorikerInnen, Vertretern der russisch-orthodoxen Kirche, BotanikerInnen – sowie Interviews mit am aktiv ausgetragenen Gedächtnisstreit unbeteiligten Einheimischen – oftmals bereits bejahrte Zeugen der Umwälzungen des 20.Jahrhunderts auf den Solovki-Inseln – geführt.

Unsere Ausgangsfrage bestand darin, wie mit der komplizierten, glorreichen und zugleich niederschmetternden Geschichte dieses Ortes umgegangen und, das  Gedächtnis dieses Ortes analytisch beschrieben werden kann. Was findet im öffentlichen Raum statt, welche symbolischen Zeichen des Gedenkens werden von den Denkmälern gesetzt, wie findet Vermittlungsarbeit im Museum statt und wie sieht die an Reisende und Pilgertouristen adressierte Geschichtsdarstellung aus? Wie macht man aus dem Gedächtnisort Solovki einen Erinnerungsort? Welche Agenten und Akteure sind in den aktuell ausgetragenen Gedächtnisstreit involviert und welche Positionen gibt es in den Verhandlungen dieses Streits? Wodurch unterscheiden sich die einzelnen Positionen voneinander?

So beschlossen Jan Friedrich und Philipp Bode [die beiden Teilnehmer, die Russisch erst an der Uni lernten] die Gegend topographisch zu erkunden. Währenddessen zogen Julia Koifman und Natalia Grinina los und nutzten ihre Zeit, um mit älteren VertreterInnen der einheimischen Bevölkerung Interviews zu führen. Mark Kaplan lernte derweil die Teilnehmer*innen der russischen Partnerhochschule HSE Sankt-Petersburg kennen, die die Humboldt-Universität mit zu der auf den Solovki stattfindenden Sommerschule eingeladen hatten. Eine Studierende der Partnerschule, Irina Kalina, die eine Graphik-Ausbildung hatte, half später bei der Vorbereitung der Ausstellung mit und übernahm das grafische Design einiger Plakate.

Die reichen Ergebnisse der Reise bildeten im Anschluss nicht nur die Grundlage für zahlreiche Hausarbeiten und wissenschaftliche Aufsätze, sondern auch für eine Ausstellung, die sich in Form von Themen- und Thesenplakaten mit dem gesammelten Dokumentarmaterial zur Geschichte und gegenwärtigen Gedächtnispolitik von Solovki an eine breitere Öffentlichkeit wandte.

Diese Ausstellung, die von Januar bis Juni 2017 am Institut für Slawistik der Humboldt- Universität gezeigt wurde, stieß auf reges Interesse von Seiten anderer wissenschaftlicher Institutionen im In- und Ausland und hat Einladungen nach Frankfurt/O., Bamberg, Salzburg, Regensburg und Paris erhalten. Im Anschluss an die Ausstellung stellt die Erstellung der Website eine weitere Etappe in der Entwicklung des Projekts dar.

solovki.de nimmt ihren Ausgangspunkt in den Plakaten der Ausstellung und versteht sich als work in progress. Die Ausstellungsplakate werden präsentiert und kommentiert und mit inhaltlich weiterführenden Materialien ergänzt und mit wissenschaftlichen Arbeiten oder einfach Vollversionen der zitierten Originaltexte verlinkt. So soll nach und nach eine interaktive Website entstehen, die unsere Erkenntnisse präsentiert und mit der Solovki-Forschung weltweit verbindet.

Wir hoffen, damit eine rege Kommunikation, neue Kooperationen und Vernetzungen in Gang zu setzen. Alle, die diese Seite lesen und nutzen, sind herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden, Beiträge einzureichen und so selbst zum Ausbau der Seite beizutragen.